Die politischen Verhandlungen im Bundestag stehen in diesem Frühjahr im Mittelpunkt des Interesses, da die Koalitionsgespräche zwischen CDU, CSU und SPD in ihre entscheidende Phase eintreten. Knapp fünf Wochen nach der Bundestagswahl haben sich in zwölfwöchigen Sondierungsgesprächen 256 Experten in 16 Arbeitsgruppen mit zahlreichen politischen Themen beschäftigt. Nun liegt der Fokus auf einer Konfliktlösung durch die 19-köpfige Chefunterhändler-Gruppe, zu deren Mitgliedern Friedrich Merz (CDU), Markus Söder (CSU), Lars Klingbeil und Saskia Esken (beide SPD) zählen. Die bisher erarbeiteten Schlusspapiere geben einen Einblick in die kontroversen Streitpunkte, die den Koalitionsvertrag maßgeblich prägen werden.
Insbesondere sind die Bereiche Finanzpolitik, Migration, Rentenreform, Automobilindustrie und Verteidigungspolitik von tiefgreifenden Differenzen geprägt. CDU/CSU und SPD haben unterschiedliche Vorstellungen über Steuerpolitik, Rückführungen von Asylbewerbern sowie über den Umgang mit dem Klimaschutz. Die SPD strebt ein hohes Mindestrentenniveau und eine Reichenbesteuerung an, während die Union auf steuerliche Entlastungen und Sparvorgaben pocht. Auch der Umgang mit der Wehrpflicht in der Bundeswehr stellt einen wichtigen Verhandlungspunkt dar. Die Frage, wie die milliardenschweren Altschulden der Kommunen vom Bund übernommen werden sollen, birgt ebenso Konfliktpotenzial wie die Reform des Länderfinanzausgleichs, die insbesondere Bayern als Geberland stark betrifft.
Die beteiligten Parteien stehen nun vor der Herausforderung, wiederholte Kompromisse zu finden, ohne die eigenen Wählerschaften und die Gesamtstabilität zu gefährden. In einer Zeit, in der das Vertrauen in politisches Handeln gestärkt werden muss, verlangen auch Bündnispartner wie Die Grünen sowie Verbände Transparenz und Nachhaltigkeit. Die Einigung auf ein klar definiertes Tempo und die Vorbereitung für die Parteimitgliederentscheide werden deshalb mit großer Aufmerksamkeit verfolgt. Ob die Kanzlerwahl vor oder erst nach Ostern stattfinden kann, hängt letztlich davon ab, wie schnell diese komplexen Konflikte gelöst werden. Die kommenden Tage und Wochen versprechen daher intensive Verhandlungen in Berlin und darüber hinaus.
Die Schlüsselakteure und ihre Rolle in den Koalitionsverhandlungen 2025
Im Zentrum der aktuellen Koalitionsgespräche zwischen CDU, CSU und SPD steht eine Gruppe von 19 Verhandlern, die als „19er-Gruppe“ bezeichnet wird. Diese Runde umfasst nicht nur die Parteivorsitzenden Friedrich Merz (CDU), Markus Söder (CSU), Lars Klingbeil und Saskia Esken (SPD), sondern auch Ländervertreter, Generalsekretäre und wichtige Bundestagsfunktionäre wie CDU-Parlamentarischer Geschäftsführer Thorsten Frei. Ein bedeutendes Mitglied, das den Kreis erweitern soll, ist Markus Spahn, ehemaliger Staatssekretär im Finanzministerium, der insbesondere finanzpolitische Expertisen einbringt.
Die Koalitionsgespräche werden häufig in verschiedenen Formaten geführt, angefangen bei den 16 Facharbeitsgruppen mit mehr als 250 Experten, über die 19er-Gruppe bis hin zu kleineren Zweiergesprächen unter den Parteiführungen, um festgefahrene Verhandlungsstränge zu lösen. Diese abgestufte Verhandlungsstrategie ermöglicht einerseits eine breite inhaltliche Erarbeitung, andererseits eine flexible Einigungsmöglichkeit in besonders schwierigen Feldern. Für den Bundestag und die Öffentlichkeit wird diese Gruppe als die finale Entscheidungsinstanz in der Vertragsgestaltung angesehen.
Die Zusammensetzung der 19er-Gruppe reflektiert die politischen Machtverhältnisse, wobei sowohl Länderinteressen als auch parteipolitische Positionen berücksichtigt werden. Ein Beispiel: Markus Söder vertritt als CSU-Chef konsequent die Positionen Bayerns und fordert eine Neugestaltung des Länderfinanzausgleichs. Auf der anderen Seite repräsentieren die SPD-Spitzen Klingbeil und Esken eine Politik, die sich stark an sozialdemokratischen Grundwerten orientiert, was sich beispielsweise an der Forderung nach einer Anhebung der Spitzensteuersätze zeigt.
- 19 Parteivertreter führen die finale Verhandlungsrunde
- Die 19er-Gruppe ersetzt die breite Facharbeitsebene
- Parteivorsitzende sichern politischen Rückhalt
- Experten wie Markus Spahn bringen spezialisierte Expertise ein
- Flexible Gesprächsformate ermöglichen Konfliktlösung
| Name | Partei | Funktion | Verhandlungsfokus |
|---|---|---|---|
| Friedrich Merz | CDU | Parteivorsitzender | Gesamtleitung, Wirtschaft & Finanzen |
| Markus Söder | CSU | Parteivorsitzender Bayern | Länderfinanzausgleich, Finanzpolitik |
| Lars Klingbeil | SPD | Parteivorsitzender | Sozialpolitik, Steuern |
| Saskia Esken | SPD | Parteivorsitzende | Migrationspolitik, Soziale Themen |
| Markus Spahn | CDU | Ehem. Staatssekretär Finanzen | Steuerfragen, Haushalt |

Zentrale Herausforderungen der Verhandlungsteilnehmer
Die Vertreter stehen vor der Herausforderung, ein komplexes Geflecht aus politischen Zielen,Parteigrenzen und gesellschaftlichen Erwartungen zu bündeln. Dabei müssen sie auf folgende Aspekte besonders achten:
- Interessen der Bundesländer und Partei-Fraktionen ausbalancieren
- Wählergruppen bedient, ohne die Koalitionsfähigkeit zu gefährden
- Parteiinternen Zustimmungsprozess für den Koalitionsvertrag ermöglichen
- Offene Streitfragen zu Finanzen, Migration und Sozialpolitik klären
- Neue Akzente in der Klimapolitik und der Verteidigungspolitik setzen
Finanzpolitik im Mittelpunkt: Steuern und Haushalt als Knackpunkte der Koalitionsverhandlungen
In den Verhandlungen spielt die Finanzpolitik eine Schlüsselrolle. Trotz des von Bundestag und Bundesrat beschlossenen historischen Schuldenpakets, bleiben viele grundlegende Fragen offen. Die Diskussion um Steuererhöhungen versus Steuersenkungen prägt das Ringen zwischen SPD und Union tiefgreifend.
Die SPD setzt sich für eine Anhebung des Spitzensteuersatzes von 42 auf 47 Prozent ein und fordert eine höhere Besteuerung von Kapitaleinkünften sowie die Wiedereinführung der Vermögensteuer. Dies soll zur Finanzierung sozialer Ausgaben beitragen. Die Union lehnt Vermögensteuer und erhöhte Spitzensteuern strikt ab und favorisiert stattdessen eine Senkung der Körperschaftsteuer – ein Streitpunkt, der besonders in den kommenden Verhandlungsrunden höchste Priorität besitzt.
Auch die Reform des Einkommensteuertarifs ist Gegenstand von Debatten. Während die Union eine gelegentliche Anhebung des Spitzensteuersatzes bei höheren Einkommen diskutiert, will die SPD diese Rate deutlich erhöhen. Die Rolle der Abgabenpolitik im Koalitionsvertrag wird entscheidend für die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts und die Akzeptanz in der Bevölkerung sein.
- SPD fordert Spitzensteuersatzanhebung auf 47 %
- Union will Körperschaftsteuer ab 2026 senken
- Wiedereinführung der Vermögensteuer umstritten
- Steuersenkungsforderungen gegen sozialpolitische Ausgabenabwägungen
- Schuldenpaket schafft Spielraum, aber keine umfassende Lösung
| Thema | SPD-Position | CDU/CSU-Position |
|---|---|---|
| Körperschaftsteuer | Beibehaltung mit besseren Abschreibungen bis 2029 | Senken ab 2026 |
| Spitzensteuersatz | Erhöhung auf 47 % | Nur Anhebung bei höheren Einkommen |
| Vermögensteuer | Wiedereinführung gefordert | Strikte Ablehnung |
| Erbschaftsteuer | Keine Einigung in Sicht | Keine Einigung in Sicht |
| Schuldenpaket | Begrüßt als Entlastung | Begrüßt als Entlastung |
Die Verhandlungen müssen einen Balanceakt schaffen: Einerseits sollen Wahlversprechen aus dem Bereich Sozial- und Klimapolitik umgesetzt werden, andererseits verlangt der Haushalt nachhaltige Gegenfinanzierung, um die Verschuldung nicht weiter zu erhöhen.
Migration und Asylpolitik: Unterschiedliche Ansätze und schwierige Kompromisse
Die Migrationspolitik stellt derzeit einen der zentralen Streitpunkte der Koalitionsverhandlungen dar. Die Union fordert eine konsequente Rückführung von Asylsuchenden an den deutschen Grenzen, was als fester Bestandteil des Wahlkampfprogramms gilt. Die SPD ist hier deutlich vorsichtiger und verlangt, dass jede Maßnahme in enger Abstimmung mit europäischen Partnern erfolgen muss. Die Auslegung dieser Formulierung führt zu kontroversen Diskussionen.
Ein weiterer kritischer Punkt ist die umstrittene Frage, ob Asylverfahren künftig auch außerhalb der EU ermöglicht werden könnten. Auf diesem Gebiet gibt es bislang keine Einigung. Die Herausforderungen bestehen nicht nur im politischen Diskurs, sondern auch im praktischen Umgang mit den EU-weiten Regelungen und den damit verbundenen humanitären Verpflichtungen.
- Union fordert Grenzrückweisungen von Asylbewerbern
- SPD verlangt Abstimmung mit EU-Partnern
- Offene Frage nach Asylverfahren außerhalb der EU
- Komplexe Kompromisssuche in Migrationsfragen
- Bedeutung europäischer Koordination in der Flüchtlingspolitik
| Thema | CDU/CSU | SPD |
|---|---|---|
| Grenzrückweisung Asylsuchender | Unbedingt befürwortet | Nur mit EU-Abstimmung |
| Asylverfahren außerhalb der EU | Wird angestrebt | Unklar bzw. offen |
| Migrationskooperation EU | Wichtig zur Vermeidung von Konflikten | Notwendig für humane Lösungen |
| Integration und Sozialleistungen | Forderung nach Kontrolle und Beschränkung | Fokus auf Unterstützung und Integration |
| Flüchtlingsaufnahmequoten | Stärkere Begrenzungen vorgesehen | Relativ offen für solidarische Verteilung |
Der politische Umgang mit Migration beschäftigt nicht nur die Verhandlungspartner, sondern beeinflusst das politische Klima im gesamten Bundestag und damit auch die Stimmung in der Bevölkerung. Die Herausforderung besteht darin, humanitäre Ansprüche mit sicherheitspolitischen Interessen zu verbinden.

Sozialpolitik und Rentenreform: Anspruchsvolle Diskussionen um Zukunftssicherung
Der Bereich der Sozialpolitik ist traditionell eine Kernkompetenz der SPD, die sich in den Verhandlungen stark für ein Mindestrentenniveau von mindestens 48 Prozent des Durchschnittseinkommens einsetzt. Dieses Ziel soll dauerhaft gelten, um Altersarmut wirksam zu bekämpfen. Die Union hingegen bevorzugt eine Sparstrategie und schlägt vor, das Rentenniveau nur bei längeren Beitragszeiten (47 Jahre statt 45) zu sichern.
Auch die Finanzierung der Mütterrente, die auf rund fünf Milliarden Euro jährlich geschätzt wird, sorgt für Meinungsverschiedenheiten. Die SPD fordert eine Finanzierung über Steuermittel, während die Union eine Belastung der Beitragskassen bevorzugt. Solche Differenzen verdeutlichen die großen Herausforderungen, eine ausgewogene Sozialpolitik zu formulieren, die finanzierbar und sozial gerecht ist.
- SPD fordert dauerhaftes Mindestrentenniveau von 48 %
- Union favorisiert längere Beitragszeiten für Rentenanspruch
- Streit über Finanzierung der erweiterten Mütterrente
- Sozialverbände mahnen zur Bekämpfung von Altersarmut
- Kompromisse zwischen Beitrags- und Steuerfinanzierung erforderlich
| Aspekt | SPD-Position | CDU/CSU-Position |
|---|---|---|
| Mindestrentenniveau | 48 % des Durchschnittseinkommens, dauerhaft | Stabilisierung nur bei Wirtschaftswachstum |
| Beitragsjahre für volle Rente | 45 Jahre | 47 Jahre |
| Mütterrente Finanzierung | Aus Steuermitteln | Aus Beitragskasse |
| Altersarmut | Bekämpfung mit sozialpolitischen Maßnahmen | Fokus auf Haushaltssanierung |
| Solidarität im Rentensystem | Ausbau gewünscht | Vorsichtige Anpassung |
Umweltpolitik und Verteidigung: Kontroverse Weichenstellungen für die Zukunft
Auch in den Bereichen Klima- und Verteidigungspolitik liegen schwierige Verhandlungsfragen vor. Die CDU und CSU fordern, das EU-weite Verbot von Verbrennungsmotoren ab 2035 zu revidieren, da dies als Einschränkung des Auto- und Wirtschaftsstandorts gesehen wird. Die SPD hingegen unterstützt weiterhin das emissionsfreie Ziel ab 2035.
Auf dem Gebiet der Verteidigung besteht Uneinigkeit über die Wehrpflicht. Union und CSU wollen die Aussetzung beenden, um dem Personalmangel in der Bundeswehr entgegenzuwirken, während die SPD auf Freiwilligkeit setzt. Diese Differenzen spiegeln grundsätzliche unterschiedliche Sichtweisen auf Sicherheits- und Gesellschaftspolitik wider.
Die Klimapolitik wird besonders kritisch von Parteien wie Die Grünen und Umweltverbänden beobachtet, da Vereinbarungen, etwa zum Kohleausstieg, von 2030 auf 2038 verschoben wurden. Die Herausforderungen liegen darin, wirtschaftliche Interessen, ökologische Nachhaltigkeit und gesellschaftlichen Konsens unter einen Hut zu bringen.
- CDU/CSU lehnen Verbrennungsmotor-Verbot ab, SPD bekennt sich dazu
- Uneinigkeit zur Wiedereinführung der Wehrpflicht
- Grüne kritisieren Kohleausstiegsverzögerung
- Diskussion um das Heizungsgesetz der Ampel-Koalition
- Spannungsfeld zwischen Wirtschaftsinteressen und Klimaschutz
| Thema | Position Union | Position SPD | Reaktion Dritter |
|---|---|---|---|
| Verbot Verbrennungsmotoren | Streichung gefordert | Beibehaltung, Ziel 2035 | Grüne kritisieren Union scharf |
| Wehrpflicht | Wiedereinführung unterstützen | Freiwilligkeit betonen | Gesellschaftliche Debatte anhängig |
| Kohleausstieg | Ziel 2038 (verzögert) | Ursprünglich 2030 vorgesehen | Umweltorganisationen kritisieren Kompromiss |
| Heizungsgesetz | Abschaffung gefordert | Reform angestrebt | Politische Uneinigkeit bleibend |
FAQ zu den Koalitionsverhandlungen von CDU, CSU und SPD 2025
- Wer sind die wichtigsten Verhandler in der aktuellen Koalitionsrunde?
Die 19-köpfige Gruppe umfasst Spitzenvertreter von CDU, CSU und SPD, darunter Friedrich Merz, Markus Söder, Lars Klingbeil und Saskia Esken. Diese Gruppe entscheidet über die finalen Kompromisse im Koalitionsvertrag. - Welche Themen sind in den Koalitionsgesprächen besonders strittig?
Die Finanzpolitik mit Steuerfragen, die Migrationspolitik, das Rentensystem, Klimaschutzmaßnahmen und die Verteidigungspolitik sind die zentralen Streitpunkte. - Wie sieht der Zeitplan für die Regierungsbildung aus?
Ursprünglich war die Regierungsbildung bis Ostern geplant, doch wegen ungelöster Differenzen wird die Kanzlerwahl voraussichtlich erst in der ersten Maiwoche stattfinden. - Wie wichtig sind die Parteimitgliederentscheide für den Koalitionsvertrag?
Besonders die SPD plant einen Mitgliederentscheid, der etwa zehn Tage dauert. Auch bei der CDU ist eine interne Zustimmung erforderlich, wodurch sich der Prozess verlängert. - Was sind die Perspektiven für die Migrationspolitik in der neuen Regierung?
Es wird erwartet, dass Rückweisungen an der Grenze mit europäischen Partnern abgestimmt werden. Ob Asylverfahren außerhalb der EU eingeführt werden, ist noch offen.

